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„Ich bin tollpatschig,
ich bin hysterisch,
ich kann nicht lügen.
Ich bin keine Mörderin. “

 


Credit © Carolin Weinkopf

 

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WER DIE WELT KENNT, KENNT HANNAH LÜHMANN. DIE 32 JAHRE ALTE WIRKLICHE BERLINERIN BEKAM ZUR TAUFE EIN PALINDROM. SIE STUDIERTE PHILOSOPHIE, ENGLISCHE SPRACHE UND KULTURWISSENSCHAFTEN IN BERLIN UND AN DER UNIVERSITÉ PARIS 1 PANTHÉON-SORBONNE, WAS SCHON FÜR MEHRERE STUDIERENDENLEBEN GEREICHT HÄTTE. DOCH DER VERSUCHUNG, STATT EIN PAAR SEMESTER LOTTERLEBEN DEN MASTERABSCHLUSS IM FACH „KULTURJOURNALISMUS“ DER BERLINER UNIVERSITÄT DER KÜNSTE DRAUFZUSETZEN, KONNTE HANNAH LÜHMANN NICHT WIDERSTEHEN. SEITDEM WURDE IHRE JOURNALISTISCHE ARBEIT VIELFACH VON DER DEUTSCHEN PRESSE PUBLIZIERT, UND WAR U.A. IN SZ, FAZ UND DIE ZEIT ZU SEHEN. UND ALLES WURDE NOCH VIEL BESSER, WEIL HANNAH LÜHMANN SEIT FEBRUAR 2019 STV. RESSORTLEITERIN FEUILLETON DER WELT IST. ERST KÜRZLICH ERSCHIEN EIN STREITGESPRÄCH MIT ANNE WIZOREK „GENDERN?! GLEICHBERECHTIGUNG IN DER SPRACHE — EIN FÜR UND WIDER“ IM DUDEN VERLAG. DASS SIE DABEI DEN WIDERPART ÜBERNAHM, MUSS NICHT JEDE, JEDER, JEDES GUT FINDEN, MACHT ABER HANNAH LÜHMANN NUR NOCH INTERESSANTER, ALS SIE SCHON WAR. NEID MUSS VERDIENT BLEIBEN.

 

Vorwort

Fangen wir mit der Erklärung an. Schrecklich, oder? Schon der römische Epiker Ovid, ein Spross einer wohlhabenden Familie aus Sulmona, konstatierte ca. 8 v. Chr.: „Aller Anfang ist schwer.“ Jede Frage im folgenden Interview ist gebraucht. x) Jede Antwort ist dagegen brandneu und exklusiv. Und das x) markiert die (Quellenangabe).

Konzipiert von Uwe Buschmann

 

Welche Erinnerung haben Sie an Ihre Mathematiklehrer?   1)

hannah lühmann. Die arme Frau Sasse, ich glaube, sie wollte nichts Böses. Sie hatte eine rothaarige Igelfrisur und trug manchmal Leggings in der Schule. Sie war noch sehr jung und kam aus dem Osten. Ihre Spezialität waren Überraschungstests, sie hießen noch irgendwie anders, in dem Namen war irgendein sadistischer Witz. Sie gingen immer eine Viertelstunde. Ich war wahnsinnig schlecht in Mathe, worauf ich mir nichts einbilde, ich glaube, man kann auch sehr gut in Mathe und ein interessanter Mensch sein. Aber in meiner Familie wurde immer diese gewisse Mathematik-Verachtung kultiviert. Einmal schrieb ich eine Drei minus, was für mich ein großer, großer Erfolg war. Ich saß in der ersten Reihe. Frau Sasse zögerte die Rückgabe endlos hinaus, und ich, sicher, gleich eine Fünf zurückzubekommen, schimpfte in einer Lautstärke vor mich hin, die Frau Sasse sehr gut hören konnte, beschimpfte sie mit Wörtern, die wirklich nicht sehr schön sind und hier nicht hingehören, so wie sie damals auch schon nicht ins Klassenzimmer gehörten. Aber ich war oft sehr wütend als Teenager. Dann gab sie mir die Drei minus zurück und ich spürte, wie stolz sie auf mich war, und sie tat mir auf einmal wahnsinnig leid.

1)  (Süddeutsche Zeitung, 11. Juni 2019, Interview mit Physiker und Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar: „Mathe wird für Prüfungszwecke missbraucht“, Frage: Susanne Klein.)

 

Für welches Problem wären Sie eine gute Lösung?   2)

hl. Eine Freundin von mir sitzt schon sehr lange an ihrer Promotion. Ich glaube, ich könnte sie schreiben. Nicht, weil ich mich besser mit dem Thema auskennen würde; ich bin nur sehr gut darin, die Quintessenz fremder Texte zu erspüren, die noch nicht zu ihrer Form gefunden haben und sie dann zu schreiben. Hilft mir leider nicht bei eigenen Texten. Ich kann es nur, wenn schon Material da ist und es für mich persönlich um nichts geht. Ich glaube, ich wäre ein ausgezeichneter Ghostwriter. Ich wäre die Lösung für die Schreibblockade fremder Menschen.

 2)  (Der Tagesspiegel, Anleitung zum Gespräch, 116 Fragen für ein gutes Interview, Autor: Sven Michaelsen.)

 

Wer ist Hanna?  3)

hl. Ich habe meine ganze Jugend damit verbracht, über diese Frage nachzudenken. Ich hatte immer das Gefühl, ich müsste sie ganz genau beantworten können. Ich war verzweifelt, weil ich dachte, ich hätte viel zu wenig Meinungen; ich weiß noch, dass ich einmal sehr lange darüber nachgedacht habe, dass ich eigentlich als Mensch versagt habe, weil ich die Frage, ob ich Käse mag oder nicht, nicht endgültig beantworten kann. Heute weiß ich, dass ich der „Jemand“, nach dem die Frage fragt, geworden bin in dem Moment, in dem sie egal wurde. Ich bin Hannah.

3)  (Kinofilm 2011, Regisseur: Joe Wright, Darsteller: Saoirse Roan, Cate Blanchett, Eric Bana. Inhalt: Ausgestattet mit der Konzentration, Ausdauer und Stärke eines ausgebildeten Soldaten, wächst Teenager Hanna in der Wildnis von Finnland auf. Sie ist aber keine blauäugige Weltverbesserin, sondern die Ausbildung ihres Ex-CIA-Agenten Vaters hat sie zur perfekten Killerin gemacht. In einer brutalen, zynischen Welt bleibt Hanna nur der eigene Ehrbegriff und die Suche nach ihrer wahren Identität. Total krass. Bazinga. Gibt’s jetzt auch als Netflix-Serie. Bada Binge!)

 

Would you rather be you, with your face and your legs, and the brain of a chimpanzee… …or would you rather be a chimpanzee, but with your brain?   4)

hl. Auf jeden Fall der Affe mit meinem Gehirn, alles andere wäre nicht zumutbar.

4)  (Maggie Jacobs quotes/questions, taken from: The Patrick Stewart Episode, Extras s01 e06, TV Series, Directors/Writers: Ricky Gervais & Stephen Merchant.)

 


Credit © Carolin Weinkopf

Kultur ist wie das Wetter, unberechenbar und zugleich allgegenwärtig?  5)

hl. Der Vergleich wird besser, je länger man über ihn nachdenkt: Wie das Wetter differenziert sich Kultur von Landstrich zu Landstrich, aber die Grundzutaten sind überall gleich: Obwohl wir mit den Vietnamesen oder Thailändern Regen, Wind und Sonne teilen, wird das Wetter hier nie wie in Südostasien sein. Mit der Kultur ist es ähnlich: Wir alle haben bestimmte Rituale, bringen Kunst hervor und machen Musik, aber trotzdem werden die Berliner nie sein wie die Bewohner von Rio de Janeiro, die Pariser nie wie die von Phnom Pen. Der Vergleich wird da kitschig, wo man Klimawandel und Rechtsruck gleichsetzt. Außerdem müsste man schon noch sagen, dass wir auf unsere Kultur und wie wir sie leben wesentlich mehr Einfluss haben als aufs Wetter. Eigentlich ist der Vergleich Quatsch.

5)  (Zitat: Greil Marcus, 1945 geboren, dozierte an der Universität Berkeley zwei Semester lang  über das politische System der USA bis er Bock auf Rock bekam und 1975 eine bahnbrechende Studie schrieb über die Rockmusik als Ausdruck amerikanischer Mythen. Bücher von Greil Marcus: „Mysterie Train“, „Lipstick Traces — von Dada bis Punk“, „Dead Elvis — Meister, Mythos, Monster“, „Punk unter Reagan, Thatcher und Kohl“, „Der Mülleimer der Geschichte. Über die Gegenwart der Vergangenheit“.)

 

Du sollst nicht ehebrechen!!!!!!!!!?  6)

hl. Ich halte sehr viel von Treue und Loyalität, ich glaube auch nicht wirklich an offene Beziehungen und solche Sachen. Obwohl ich ein beeindruckendes Paar kenne, das seit vielen Jahren sehr glücklich in einer offenen Beziehung lebt. Die beiden sind, glaube ich, durch ganz viele Zustände gegangen, die sie fester aneinandergeschweißt haben. Ich bewundere das. Aber für mich ist es nichts. Ich frage mich, ob in der Liebe andere moralische Maßstäbe gelten als im Rest des Lebens: Warum ist ein Betrug in einer Beziehung etwas, über das man hinwegkommen kann – obwohl ein ähnliches Ausmaß an Lüge in jedem anderen Lebensbereich dramatisch verurteilt werden würde? Nein, ich glaube, du sollst wirklich nicht die Ehe brechen.

6) (10 Gebote aka 10 Worte aka Dekalog, 2. Buch Mose und 5. Buch Mose, Bibel, Autor: Der Liebe Gott aka unbekannt verzogen, Übersetzungen: Martin Luther, diverse Päpste und wöchentlich neu im TV-Evergreen „Das Wort zum Sonntag“. Vergleiche auch: „Oh Mensch“ — Der 4. Satz aus der 3. Symphonie von Gustav Mahler „denn alle Lust will Ewigkeit“, beispielsweise gesungen von Jessie Norman, Deutsche Grammophon LC 0173.)

 

Nach 67 Männern weiß man einiges über den Mann?  7)

hl. Meine Kollegin und Freundin Mara Delius hat mal in einer Rezension einen Satz geschrieben, der mir sehr hängengeblieben ist. Es war ein autofiktionales Buch und Mara bemerkte in ihrem Text, die Autorin und Ich-Erzählerin (um die 40) habe in ihrem Leben „einiges erlebt“ – wie, und das ist der Teil, der sich mir so eingeprägt hat, „irgendwann jede“. Ich glaube, dass jeder Mensch, so er sich nicht völlig blockiert (gibt’s natürlich auch) irgendwann ein bisschen weise wird. Ich glaube, es ist egal, ob man mit fünf Männern geredet, geschlafen oder sonst was mit ihnen gemacht hat oder mit 67 oder mit 270. Erkenntnis über Menschen – und Männer sind ja nichts Anderes als Menschen – kommt mit der Zeit. Unvermeidlich.

7) (Welt.de, Literatur, Interview mit der Schriftstellerin und Journalistin Johanna Adorján, veröffentlicht am 25.03.2019, Lesedauer: 6 Minuten, Interview: Hannah Lühmann.)

 

THE TRUE REVOLUTION IS GUIDED BY GREAT FEELINGS OF LOVE?  8)

hl. Ich glaube nicht an die Revolution, ich halte sie für gefährlich. Hass ist schlecht, Liebe ist auch schlecht. Die einzigen „wahren Revolutionen“ sind notwendige Umstürze in repressiven Regimen, ich glaube, sie sind nicht unbedingt von Liebe geleitet, sondern vom Drang der Menschen, in Freiheit zu leben. Wenn die Revolutionäre untereinander solidarisch sind, ist das schön.

8)  (Zitat: Ernesto Rafael (aka Che) Guevara de la Serna 1928 – 1969, argentinischer Arzt, Revolutionär, Anführer der Rebellenarmee in der kubanischen Revolution, Kinofilmfigur, Posterboy, T-Shirt Superstar etc. Das Zitat stand auch auf einem Banner des Woodstock 3 Days of Peace & Music & Art Fair Festivals 1969. PS: Die ikonische Che-Grafik stammt von einem irischen Barkeeper, der den Revolutionär zufällig im Pub traf, weil dieser in Dublin zwischenlanden musste; #nocopyrightnotwendig.)

 

Wie würden Sie den perfekten Mord begehen?   9)

hl. Als ich 16 war, plante ich mal, meine Mitbewohnerin in meiner englischen Gastfamilie mithilfe eines Kuchens zu vergiften, in den ich ganz viele Apfelkerne einbacken wollte. Ich hatte gelesen, dass in Apfelkernen Arsen drin ist. Heute habe ich verstanden: Egal welches Verbrechen ich begehen würde, ich würde erwischt werden. Ich bin tollpatschig, ich bin hysterisch, ich kann nicht lügen. Ich bin keine Mörderin.

9)  (Qvest Magazin, Jan-Feb 2004, No. 12, Technik, Interview mit Dipl.-Biol. Dr. rer. medic Mark Benecke, Forensiker — IN MANCHEN MORDEN STECKT DER WURM, Copy: Iris Rodriguez, Seite 57.)

 


Credit © Carolin Weinkopf

 

Kunst kommt von Können?  10)

hl. Auf jeden Fall. Ein ganz wichtiger Satz. Mein Vater hat ihn mir von frühester Kindheit an mitgegeben. Ich glaube, man muss eine Sache erstmal beherrschen, bis man mit ihren Regeln spielen kann.

10)  (Aphorismus, geflügeltes Wort. Oder in der Abwandlung des politischen Kabaretts der 80er Jahre: „Kunst kommt von Können, käme sie von Wollen, hieße sie Wunst“. Muss wohl inzwischen mit Gelächter & Applaus vom Band unterlegt werden.)

 

Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter?  11)

hl. Ich weiß nicht, wie das empirisch ist. Gibt es Länder, die sich abgeschottet haben und nicht untergegangen sind? Ganz unabhängig davon würde ich jedem Land raten, seine Fremden zu schützen, auch wenn es im anderen Fall nicht untergeht. Das gebietet die Menschenpflicht.

11)  (Zitat: So sprach weiland JWvG, West-östlicher Divan, Stuttgart, 1819. Mit Friedrich von Schiller gehörte Goethe zum „Poet Rat Pack“ bzw. bildete er die „Sturm-und-Drang-Gang“.)

 

Läse Goethe die SZ oder FAZ?  12)

hl. Ich glaube, Goethe würde WELT lesen. NOT.

12) (Interviewband, Moritz von Uslar, 100 Fragen (zu Goethe) an… Peter Stein: „Vielleicht doch die FAZ. (Stein sitzt jetzt. Die letzten Fragen haben ihm offensichtlich Spaß gemacht.)“, Frage/Antwort Nr. 86, Seite 34, KiWi Verlag.)

 

Mögen Sie Houellebecq?  13)

hl. Ja, sehr. Ich habe ihn einmal getroffen, während unseres Gesprächs zwirbelte er sich die ganze Zeit an seinen Brusthaaren herum. Houellebecq ist einer der wenigen Schriftsteller, auf dessen neue Bücher ich wirklich fiebere. Gleichzeitig finde ich ihn als Persona etwas ermüdend; ich finde weder seinen Biologismus spannend noch seine Ausführungen zu Religion und Fortpflanzungsverhalten plausibel.

13)  (Interviewband, Alexander Gorkow, Draussen scheint die Sonne Interviews mit… Jeanne Moreau: Ich verehre ihn sogar, diesen Herrn…“, Seite 26, KiWi Verlag.)

 

Wäre es denn eigentlich ehrenrührig, wenn Sie sagten, bestimmte Kontinente der Literatur sind mir unzugänglich geblieben?  14)

hl. Nein, das wäre nicht ehrenrührig. Je älter ich werde, desto höher türmen sich die ungekannten Kontinentalplatten. Unzugänglich sind mir Arno Schmidt, Thomas Pynchon, aber auch weite Teile des Werks von Christian Kracht.

14)  (du758 — In den Gärten. Jäten im Paradies, Marcel Reich-Ranicki im Gespräch mit Roger Willemsen, Seite 110.)

 

Credit © Carolin Weinkopf

 

Betrachten Sie die Seerosen von Claude Monet! Schließen Sie die Augen! Was riechen Sie?  15)

hl. Kaugummi. Oder Schimmel. Not sure.

15) (salve Magazine, Interview mit Hannah Lühmann, Frage: Uwe Buschmann.)

 

Mit welcher Epoche aus der Kunstgeschichte lässt sich unsere Zeit am ehesten vergleichen?  16)

hl. Ich kenne leider die Kunstgeschichte nicht gut genug, um diese Frage seriös beantworten zu können.

16)  (032c Magazin, Interview mit Chris Dercon, Museumsdirektor (Haus der Kunst in München, Tate Modern in London), Intendant der Volksbühne Berlin, Frage: Joachim Bessing, 2005.) 

 

Gendergerechte Sprache: Männer müssen Macht abgeben?  17)

hl. Ich würde das auch nicht so jakobinerhaft formulieren. Ich glaube, Macht gibt niemand freiwillig ab. Es gibt gesellschaftlichen Wandel, der im Idealfall zu einem Mehr an Gerechtigkeit führt, dazu gehört auch Geschlechtergerechtigkeit. Mit Sprache hat das nichts zu tun.

17)  (Spiegel Online, Interview mit Kathrin Kunkel-Razum (Duden Redaktion), Frage: Elisa von Hof.)

 

Greta Thunberg: Warum feinden so viele Menschen die Klimaaktivistin an?  18)

hl. Greta Thunberg ist ein vielschichtiges Phänomen, in dem nicht nur Positives zum Ausdruck kommt. Man kann aus guten Gründen genervt sein von der Rolle, die sie spielt. Aber das rechtfertigt keine Anfeindungen gegen eine 16-Jährige, und die Gründe, die mir einfallen, warum sie Vergewaltigungs- und Morddrohungen etc. bekommt, sind alle so unoriginell wie deprimierend, aber wahrscheinlich gibt es keine anderen: Frauenhass, Verachtung junger Frauen im Besonderen, allgemeines enthemmtes Trolltum im Netz.

18)  (t-online.de, Interview mit einem Psychologen über die Klimaaktivistin.)

 

Madonna ist lächerlich. Varoufakis ein Clown. Und die Nachbarn nerven eh: Wir werden immer unleidlicher. Wo ist die Großzügigkeit geblieben?   19)

hl. Ich finde es völlig legitim, Varoufakis als Clown zu bezeichnen, ich mag ihn auch nicht sonderlich. Bei Madonna greift bei mir schon eher so ein feministischer Verteidigungsreflex. Der Mangel an Großzügigkeit in unserer Gesellschaft äußert sich meinem Empfinden nach eher darin, dass zum Beispiel Harald Schmidt einen Shitstorm bekommt, weil er in seiner Rollenprosa als Harald Schmidt etwas über seine Vaterrolle sagt, das von Netzfeministinnen als unanständig empfunden wird. Wo die Großzügigkeit hin ist, ist eine gute Frage, ich habe leider keine Antwort. Warum sind wir so gereizt und dünnhäutig geworden?

19)  (Süddeutsche Magazin Nr. 2, Stil, Leben, Der Geiz des Herzens, Text: Mirna Funk, Seite 10-14.)

 


Credit © Carolin Weinkopf

Vielleicht sollten wir Heidi und Tom einfach feiern?  20)

hl. Ich fand es doof, wie sich alle auf Heidis Alter, die Anzahl ihrer Vorehen und die Geschmacklosigkeit der Hochzeit gestürzt haben. Ist doch schön, wenn zwei sich lieben.

20)  (Welt.de, Meinung zur KLUM-KAULITZ-HOCHZEIT, veröffentlicht am 03.08.2019, Lesedauer: 5 Minuten, Text: Hannah Lühmann.)

 

Die Frage, ob man in der Öffentlichkeit stillen darf, gehört umformuliert in „Dürfen Säuglinge in der Öffentlichkeit essen?“?   21)

hl. Das ist mir vollkommen egal.

21)  (Facebook: Twitterperlen, Quelle: twitter.com/digiom, 7.453 Likes.)

 

Sag mir wo die Blumen sind? Wo sind sie geblieben??   22)

hl. Ich frage mich das auch öfter. Mein Verhältnis zu Blumen ist schwierig: Ich nehme mir immer vor, welche zu kaufen, spüre dann vor dem Kauf aber so etwas wie eine Lustlosigkeit, als käme es mir nicht zu, diese Art von Frau zu sein, die sich aus reiner Lebensfreude Blumen in die Wohnung stellt. Auch habe ich das Gefühl, oft danebenzuliegen, wenn ich dann doch welche kaufe. Mir fehlt da irgendwie die Intuition. Meine Lieblingsblumen sind Sonnenblumen und Hyazinthen.

22)   (Antikriegslied, 1955, Pete Seeger. Max Colpets deutsche Übersetzung wurde von Marlene Dietrich populär gemacht, Album „Der blonde Engel Marlene“, EMI. Die Femme fatale hat jeweils Leute angestellt, ihr zum Schlussapplaus ihrer Shows Blumen zur Bühne zu bringen, vor lauter Angst vor zu wenig Zuwendung.)

 

If you want romance throw away your fucking phone!?   23)

hl. Ja, mein Freund Julian macht das so konsequent, dass es mich menschlich beschämt. Es ist, als würde sein Handy nicht existieren, wenn wir Zeit miteinander verbringen. Be like Julian.

23)  (Zitat: Sängerin Stevie Nicks (u.a. Fleetwood Mac, Solo), Rock and Roll Hall of Fame Inductee.)

 

Haben Sie schon Pläne, was Sie als Nächstes machen wollen?   24)

hl. Ich werde voraussichtlich ein Glas Wein trinken und dann sehr bald mit dem Schreiben meines neuen Buches beginnen, für das ich nach fünf Jahren endlich eine überzeugende Form gefunden habe.

24)  (Tagblatt, Madonna im Interview, „Es ist die reinste Schinderei.“, 11.06.2019, 5:00 Uhr, Frage: Katja Schwemmers. Vermutlich die letzte Interviewfrage an Kulturschaffende auf diesem Planeten, die am häufigsten gestellt wird.)

 

Hannah Lühmann

TOP 5 Länder

1.     Georgien: Ich war dort 2016 auf einer Pressereise zur Vorbereitung der Buchmesse. Es hat mich überwältigt. Die Farben (Türkis, Gelb, Weiß), die Blumen, die Süßigkeiten. Die Berge, die Stadt, die Kultur. Der Mythos vom Goldenen Fließ stammt aus Georgien. Die Frauen heißen dort Medea. Oder Salome. Unbedingt hinfahren.

2.     Frankreich: Seitdem ich dort vor langer, langer Zeit ein Semester Philosophie studiert habe, war ich nie wieder ausführlich da, außer einmal, auf einer Pressereise in der Normandie, bei der es darum ging, möglichst viele Etageren mit Meeresfrüchten zu essen. Das war, glaube ich, die beste Pressereise, die ich je gemacht habe. Es gibt ein schönes Zitat von Kurt Schwitters: „Wäre das Leben nicht vorhanden, wäre ganz Paris zwecklos.“ Ohne Paris ist ziemlich vieles zwecklos.

3.     Italien: Habe ich, ähnlich wie Frankreich, in den letzten Jahren sträflich vernachlässigt, weil es mich immer eher weiter weggezogen hat, in Länder, die ich als interessanter empfand. Jetzt war ich gerade mal wieder in Rom und kann sagen: Die italienische Lebensart ist die einzig richtige.

4.     Vietnam: Da habe ich mit meiner besten Freundin nach meinem Master-Abschluss die obligatorischen sechs Wochen Backpacking gemacht, von denen ich den Rest meines Lebens zehren werde. Es war aber wirklich sehr prägend, wir sind zuerst in den unwirtlichen Norden gereist. Wir haben zwölf Stunden Busfahrt in Löffelchenstellung verbracht, während Kakerlaken an den Wänden um uns herumkrochen. Wir haben aus Versehen Hund gegessen. Es war toll.

5.     Israel: Immer wenn ich gerade denke, jetzt reicht es langsam, bekomme ich wieder Sehnsucht. Das Land ist so klein, ich kenne es langsam wirklich sehr gut. Ich bin bestimmt zwölf Mal dagewesen. Der einzige Ort außer Berlin, an dem ich mir vorstellen könnte, zu leben (aber schon sehr viel lieber Berlin!).

 


Credit © Carolin Weinkopf

   

Photographer // Carolin Weinkopf  http://carolinweinkopf.de

Konzept // Uwe Buschmann @kevinuwebuschmann

Lektorat // Silvia Strauch @elsa_uno

Graphics // Patrick Uhle @adultremix

Webeditor // June Krentz @junekrentz

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