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interview,
uwe buschmann

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Photo Credit © Charlotte Bendiks


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Photo Credit © Charlotte Bendiks

Charlotte Bendiks,
TROMSØ, NORWEGEN (DJ, RECORD ARTIST)

SAMSTAG

10-11 Uhr  Aufstehen. Kaffee. Frühstück.

11-12 Uhr  Duschen. Anziehen. Packen.

12-14 Uhr  Aufbruch. U-Bahn. Flughafen (Tegel). Airline. Terminal. Counter. Gate.

14-15 Uhr  Lesen. Kaffee.

15-17 Uhr  Boarding. Abflug (Berlin. 25 Min. Verspätung). Landung (Paris. 15 Min. Verspätung).

18-21 Uhr  Check-in (Hotel). Record Diggin’ (L’International Records).

21-23 Uhr  Dinner. Soundcheck  (La Java).

23- 01 Uhr  Disco-Nap (Hotel).

01-03 Uhr  Ankunft (Club). Abhängen (Backstage. Dancefloor).

03-05 Uhr  Gig.

05-11 Uhr  Abhängen (Club). Hotel. Schlafen. Aufstehen.

Warum tanzen die Menschen?
xxxcb. Das hat was mit Freude und Spaß zu tun. Es ist wohl belegt, dass durch Tanzen das Glückshormon Dopamin produziert wird. Unser Gehirn belohnt uns, wenn wir Musik hören und uns dazu bewegen. Das macht Tanzen zu einem wichtigen Baustein unserer Evolution.

Von der Gründung im Geist der Revolte, von den Akteuren damals gern mythologisiert, über die sukzessive Neuausrichtung der Club-Kultur bis zum 50. Geburtstag von Sven Väth. Das Revolutionäre bei Techno bleibt das Postulat der leicht verfügbaren Mittel und kurzen Wege, um selbst aktiv zu werden. Klassik, Jazz, Rock mussten denken, dass sie im falschen Film sind! Wie bist Du DJ geworden?
xxxcb. Das typische Schneeball-Prinzip. Verrückt nach Musik war ich immer. Kaufte Platten, lernte Schlagzeug. Ich fing an, in meiner Heimatstadt Tromsø, Musik-Events mit zu organisieren. Dann kam das Angebot, ich könnte in einer Bar Platten auflegen. Von da an, gab’s kein zurück mehr. Jetzt bin ich süchtig und kann damit nicht mehr aufhören.

Ist die Techno-Szene unpolitisch?
xxxcb. Jeder Künstler ist eine öffentliche Person. Dessen sollte er sich bewusst sein. Eine politische Meinung, die er auch aktiv vertritt, ist da schon gut. Ich denke, Dance-Music hat es geschafft, Grenzen zwischen Menschen abzubauen, sie auf und neben dem Dancefloor zu vereinen.

Ist das so einfach?
xxxcb. Ja und nein. Klar, es beendet keine Hungersnöte oder Kriege. Aber es verändert die Kategorien „Wir“ und „Die“. Oder wie es der Besitzer vom legendären New Yorker Paradise Garage Club mal sagte: „If we can dance together, we can live together“.

Frauen als DJ, Record Artist, Label-Manager, Booker etc. sollten selbstverständlich sein!
xxxcb. Es hat sich schon gebessert seit ich als DJ anfing. Doch es bleibt noch ein langer Weg, das will ich gar nicht schönreden. Es gibt verschiedene Gründe für die Diskriminierung von Frauen: Manchmal ist es beabsichtigter Chauvinismus, manchmal ist es schlichte Ignoranz. Wichtig ist, dass sich starke Stimmen aller Geschlechter erheben, die dagegen halten.

Welches Tattoo-Motiv würdest Du Dir stechen lassen?
xxxcb. Tattoos interessieren mich nicht. Also hab ich keine Idee.

Wenn du es dort schaffst, schaffst du es überall: Was Sinatra einst über New York sang, gibt es das auch im Techno, einen Ort, einen Club auf der Welt, über den man als DJ so etwas sagen könnte?
xxxcb. Die meisten DJs würden das wohl über das Berghain / Panorama Bar sagen, aber ich weiß nicht, ob das stimmt. Für mich ist es eher der Salon Des Amateurs, Düsseldorf, auf Grund meines Musikgeschmacks. Du musst wissen: Music, it’s personal!

Kommt eher die Schönheit oder die Hässlichkeit der Welt in Deinen Tracks hervor?
xxxcb. Eine gute Mischung aus beidem. Obwohl ich es nicht als Schönheit und Hässlichkeit bezeichnen würde. Eher als Freude und Schmerz. Weil das körperlicher ist. Und bei Musik denke und fühle ich eben körperlich.

Flugzeuge fallen vom Himmel, die Pole schmelzen, Menschen werden beim Konzertbesuch in die Luft gesprengt. Hast Du Angst vor der Zukunft?
xxxcb. Ich hab die ganze Zeit Angst. Also auch vor der Zukunft.

Wann geht für Dich die Sonne auf?
xxxcb. Manchmal geht sie gar nicht auf. Manchmal geht sie auf…und bleibt und bleibt.

Wenn einer eine Reise tut, so bringt er gerne etwas mit: Im Falle Norwegens einen Pullover, aus Berlin einen Koffer und von Detroit ein Auto. Was war Dein schönstes Mitbringsel?
xxxcb. Eine wunderschöne Glitzer-Kappe und ein USB-Stick voll mit toller High-Life-Music als ich vor ein paar Jahren in Stockholm auflegte.

Was verbindest Du mit dem Begriff „Heimat“?
xxxcb. Es ist mehr ein Gefühl als ein bestimmter Ort. Eine sanfte Melancholie. Die kann sich beim Anblick von Norwegischem Hi-Tek Futurismus auf einem schäbigen Computer-Monitor einstellen. Oder es sind Lichter, die sich mysteriös an- und abschalten, während du in einem Zimmer in Berlin aus dem Fenster guckst. Hör Dir einfach mal meinen Track „Hjemme (At Home)“ an!

KLUFT. ES GIBT DINGE, DIE ÜBERLEBEN SELBST DEN GRÖSSTEN HYPE. UND DAZU GEHÖREN MIT SICHERHEIT AUCH TECHNO, RAVE UND DJ-CULTURE, DIE IN DEN JAHREN IHRER GRÖSSTEN MEDIALEN AUFMERKSAMKEIT SOGAR ALS EINE BEFREITE GESELLSCHAFTSFORM DER ZUKUNFT RAUF UND RUNTER PROPAGIERT WORDEN SIND.
DIE PENETRANTE GUTE-LAUNE-PARTYWELT WAR VERSTÖREND NAIV, ABER AUCH VISIONÄR UND KREATIV. DIE INDUSTRIE (MISS)BRAUCHTE SIE, ALS KANONENFUTTER FÜR DEN KONSUM, WIE SCHON VIELE ANDERE JUGENDKULTUREN.
DOCH DIE SZENE ÜBERLEBTE UND STAND SOLIDER UND UNABHÄNGIGER DA ALS ZUVOR. EIN KLARER FORTSCHRITT, AUCH ABSEITS DER MASCHINEN UND KOMISCHEN SOUNDS. DESHALB KANN MAN SICH NUR WUNDERN, DASS BIS HEUTE NICHT ALTE ROLLENMUSTER ÜBERWUNDEN SIND.
ABER ES HATTE IMMER SCHON GRÜNDE, WENN ELEMENTARE DINGE NICHT EINGETROFFEN SIND. ZWEI KILO HORMONE, ZWEI GRAMM HIRNSCHMALZ. DIE REZEPTUR IST GLEICH GEBLIEBEN.
SIE IST EIN MODEL UND SIE SIEHT GUT AUS.
ICH TARZAN,  DU DJANE.
MARUSHA WHO?
PUSTEKUCHEN.
GESCHICHTE IST AUCH IMMER DIE GESCHICHTE VOM DILEMMA EINER BESSEREN, AUFGEKLÄRTEN ZUKUNFT, DIE NICHT STATTFAND. GRENZEN DAMALS UND HEUTE.
MORGEN, JA MORGEN IST JA AUCH WIEDER EINE NACHT.
PUSTEBLUME 2017…

Was verbindest Du mit dem Begriff „Heimat“?
xxxv. Lissabon ist meine Heimat. Da wurde ich geboren. Meine Familie wohnt in der Nähe. Vor einem Jahr hab ich eine Weile in London gelebt. Es wurde zu meiner zweiten Heimat. Ich vermisse diese Stadt.

Was war der beste Ratschlag, den man Dir gab?
xxxv. Bleib dir treu. Sei immer die, die du bist und nicht was andere Leute von dir erwarten. Lass dich nicht verbiegen. Egal, ob es um deine Musik oder Meinung geht.

Wann geht für Dich die Sonne unter?
xxxv. Die Sonne geht für mich unter und es wird ganz dunkel, wenn Leute ihre privilegierte Stellung benutzen, um anderen Menschen Grenzen zu setzen. Ihnen Hilfe, Nahrung oder Gleichberechtigung verweigern.

In welchem Club möchtest Du gern auflegen?
xxxv. Letztens in Amsterdam habe ich am Online Radio Festival teilgenommen. Nachher waren wir mit Freunden im De School. Von der Tür-Politik über die Nebel-Maschine bis zur Musik ein super Club. Da mal aufzulegen, fände ich schön.

Hast Du eine Strategie beim Platten auflegen?
xxxv. Keine Strategie per se. Man macht sich halt so seine Gedanken über das Mix-Set. Wie viele neue Tracks baue ich ein oder teste ich mal ein Sub-Genre aus. Solche Sachen halt. Ansonsten absorbiere ich die Stimmung im Club. Live Platten auflegen ist ein Dialog.

Welches Tattoo-Motiv wünscht Du Deinem schlimmsten Feind auf den Leib?
xxxv. Mein schlimmster Feind wäre jemand, der keine faire Welt will. Dazu würde ja dann ein faschistisches Motiv ganz gut passen.

Als DJ musst Du viele Platten anderer Record Artists hören. Als Record Artist musst Du eigene Tracks kreieren. Klaut man da nicht automatisch?
xxxv. Also klauen würde ich jetzt natürlich nicht sagen. Eher eine kreative Inspiration von anderen, die durch das DJ-Sein automatisch entsteht. Ich versuche das aber zu kontrollieren, in dem ich mich auf bestimmte Labels, Artists und Musik von Freunden konzentriere.

Ist es nicht frustrierend, Kreativität auf den Input hin einzugrenzen?
xxxv. Nein, überhaupt nicht. Ich muss nicht jede Platte kennen. Das würde mich sonst Überwältigen und kreativ austrocknen.

Du kannst für 24 Stunden eine andere Person sein. Wer wärst Du gern?
xxxv. Hmm…vermutlich Wendy Carlos. Ich hätte gerne mal ihre Selbstsicherheit und Technik im Umgang mit Synthesizern.

Feminismus und Gleichberechtigung sind auch in der Techno-Szene ein notwendiges Thema. Gibt es da viele Mistkerle?
xxxv. Ich habe tolle Erfahrungen gemacht, mit Frauen und Männern, Heteros und Homosexuellen, Cis- und Transgender. Wunderbare Menschen, die gemeinsam Projekte machen, um Gleichberechtigung und Emanzipation zu fördern, z.B. Discwoman, Siren, NTS Radio, BCR und viele andere mehr. Auf der anderen Seite, mir sind auch viele Idioten begegnet. Die ewig gestrigen Patriarchen, die White Power Strukturen. Und was mir am meisten Angst macht, die haben ihre Misogynie und ihren Rassismus so tief verinnerlicht, dass es für sie zur Philosophie wurde. Da gibt’s noch viel zu tun. Aber es geht voran. Aufgeben werde ich diese Hoffnung nicht. Nie.

Warum tanzen die Menschen?
xxxv. Der Mensch tanzt, um auszudrücken wer er ist. Sie tanzen zusammen, weil sich selbst in einer Gemeinschaft zum Ausdruck zu bringen etwas ist, wonach die Menschheit strebt.

SONNTAG

8-12 Uhr  Endlich zu Hause. Vom All-Nighter im Lux Frágil, wo ich mit Maria Amor als A.M.O.R. auftrat. Bis 7 Uhr morgens. Runterkommen. Den Rausch abbauen. Den Rausch, den man bekommt, wenn man in der Nacht alles gegeben hat. Ich schlafe wie ein Stein.

12-16 Uhr  Mein Boyfriend Marco und ich fahren nach Corroios. Zum Essen mit seinen Eltern. In Portugal sitzt man ewig zusammen am Mittagstisch. Man trinkt Wein und erzählt sich die Neuigkeiten der Woche. In der Familie ist ein neues Baby da. Ein Mädchen. Ihr Lächeln macht mich glücklich.

16-20 Uhr  Zeit, sich um mein Label Naive zu kümmern. Die erste Platte kommt bald raus. Ich beantworte Emails, verschicke ein paar Promos. Es ist nicht wirklich Arbeit. Dafür bin ich viel zu aufgeregt.

20-22 Uhr  Auf zum Abendessen zu meiner Mutter. Sonntags ist Familientag und so teilen wir das auf. Meine Mutter ist lustig und süß, vielleicht etwas naiv(e). Wir reden über meinen Großvater und seine politische Vergangenheit. Aber auch über die Familie, Musik Festivals und warum sich große Firmen darüber beschweren, dass sie so viele Steuern zahlen müssen. Wie völlig normal das mittlerweile im Kapitalismus geworden ist.

22-00 Uhr  Wieder zu Hause. Ich arbeite mit Ableton an einem Projekt. Für ein Label, das ich sehr mag. Ich mache mein Ding und hoffe, dass es ihnen gefällt.

Violet,
LISSABON, PORTUGAL (DJ, PRODUCER)

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Photo Credit © Violet


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Photo Credit © Violet


LINKS CHARLOTTE BENDIKS:

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